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Provinz Noricum

Wirtschaft & Gesellschaft

Die wirtschaftliche Durchdringung erfolgte wahrscheinlich von Aquileia aus und dürfte sich ähnlich wie in Pannonien abgespielt haben. Der friedliche Übergang unter die römische Herrschaft begünstigte das Wirtschaftsleben. An Ressourcen besass Noricum Wälder, Bergwerke und Weiden für Vieh. Besonders die Rinder- und Pferdezucht (auch für Rennpferde) war hier weitverbreitet. Hingegen gab es damals nur sehr wenige Ackerflächen. Das Gebiet wurde von einem römischen Beamten als kalt und wenig fruchtbar beschrieben.

Die Eisenbergwerke, die schon in vorrömischer Zeit in Betrieb waren, fielen nach der Landnahme an die Römer. Ein Teil davon ging in den direkten Besitz der Kaiser über. Dabei dürfte es sich um den früheren Königsbesitz gehandelt haben. Der Rest verblieb in privater Hand. Die kaiserlichen Gruben wurden nun an Kleinpächter verpachtet. Zeitweilig scheinen die halbamtlich auftretenden norischen Grosspächter ihren Sitz in Aquileia gehabt zu haben, wo sich auch die Lagerhäuser befanden, die einen Teil des norischen Eisens aufgenommen hatten. Auch die Verarbeitung des Eisens erfolgte in Aquileia, sofern sie nicht gleich in unmittelbarer Nähe des Abbaus vorgenommen wurde. In späterer Zeit dürfte allerdings Virunum der Amtssitz der conductores geworden sein.

Seit der flavischen Zeit wurden aus Gründen der finanziellen Beaufsichtigung eigene procuratores ferrariarum (Bergwerksaufseher) in die Bergwerke entsandt, ohne dass die Grosspacht abgeschafft worden wäre. Diese ritterlichen Prokuratoren traten lediglich als Kontrollbeamte an die Seite der Pächter. Ihr Amtssitz befand sich in Tiffen. Die Schwierigkeiten, in denen das Reich nach den Markomannenkriegen steckte, brachten es mit sich, dass Marc Aurel die Bergwerke direkt in kaiserliche Verwaltung übernahm. Der centenare (= 100.000 Sesterzen Jahresgehalt) procurator ferrariarum aus dem Ritterstand übernahm vollkommen die Agenden der Grosspächter. Es wurde kein Prokurator namentlich überliefert.

Gefördert wurden Eisen, Kupfer, Blei, Gold und Silber sowie Salz. Der seit alters her betriebene Kupferbergbau am Mitterberg bei Bischofshofen und auf der Kelchalpe bei Kitzbühel scheint von den Römern nicht betrieben worden zu sein. Blei gewannen sie auf der Gurina an der Gail. Die Salzgewinnung bei Hallstatt wurde zwar betrieben, hatte aber ihre Bedeutung eingebüsst.

Aus tierischen Rohstoffen gewann man Loden und Schafwolle. In grossem Umfang produziert wurde Kleidung, Fibeln und Gürtelbeschläge. Für den Bau hatten noch die Steinbrüche, sowie Ziegeleien und Töpferwerkstätten überregionale Bedeutung. Über den Durchzugshandel kamen Berstein, Felle, Häute, Honig, Wachs und Wild ins Land. Begehrte Importgüter waren Amphoren, Lampen, Terrakotten und Glas sowie Emailfibeln. Getreide, Obst und Gemüse wurde nur zur Selbstversorgung angebaut. Mit den Römern kamen aber auch Wein und die Marillen (ältester Fund: 90 n.Chr.) ins Land. Der Erlass von Domitian bezüglich des Anbauverbots von Edelsorten im Weinbau (minderwertige einheimische Sorten dürften weiterhin gekeltert worden sein) wurde erst von Kaiser Probus wieder aufgehoben.

In der 2. Hälfte des 1.Jh.n.Chr. verdrängten Produkte aus Gallien, die aus italischer Erzeugung. Massgebliche Handelsbeziehungen gab es mit der Poebene und Aquileia. Mitte bis Ende des 1.Jh.n.Chr. war die Provinz in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Die Wirtschaftskrise unter Commodus und den Severern war in Norcium allerdings nicht zu spüren. Nach den negativen Auswirkungen der Markomannenkriege erholte sich das Gebiet rasch. Die bestehenden Siedlungen wurden wieder aufgebaut und sogar neue Villen errichtet. Der Typus der römischen Villa in Norcium bezeugt zudem die weite Verbreitung von Grossgrundbesitz während der gesamten römischen Herrschaftsperiode.

Der Raum von der oberen Donau bis zu seiner Mündung war im 1. und 2. Jh. zum illyrischen Zollbezirk zusammengefasst. Die vollständige Bezeichnung für dieses von Kaiser Tiberius eingerichteten Gebietes lautete publicum protorii Illyrici utriusque et ripae Thraciae und umfasste neben den Donau- und Balkanprovinzen auch die regio X Italiens. Raetien hingegen gehörte im 3. Jh. mit Sicherheit zum Gebiet XXXX Galliarum. Möglicherweise wurde es im 2. Jh. zum illyrischen Gebiet gezählt.

Der Zoll wurde im 1. Jh. an societates publicanorum (= Steuerpachtgesellschaften) verpachtet. In der Zeit nach Trajan wurde er von halbamtlichen conductores eingehoben. Diese hatten das vectigal (Zölle & Mauten) des gesamten Zollbereiches gepachtet. Ihr Büro befand sich in Poetovio. Da aber ein so grosses Gebiet die finanziellen Mittel einer Person überstiegen, teilten sich meist 2 oder 3 Pächter gemeinsam den illyrischen Zoll. Namentlich bekannt sind zwei Pächterkonsortien: C. Antonius Rufus, T. Iulius Saturnius und Q. Sabinius Veranus unter Antoninus Pius sowie T. Iuius Capito, C. Iulius Epaphroditus und Iulius Ianuarius unter Marc Aurel.

Das für die täglichen Geschäfte benötigte Personal rekrutierte sich während der Verpachtung aus Sklaven der Pächter und wurde manchmal sogar von den nachfolgenden Pächtern im Amt belassen, da sie am besten mit der Materie vertraut waren.

Zwischen 168 und 182 wurde die Verpachtung der Zölle durch eine staatliche Verwaltung ersetzt. An die Stelle der conductores traten procuratores vectigalis Illyrici. Diese hatten aber nur mehr einen Teil des illyrischen Zollbezirks zu verwalten. Möglicherweise wurde der Zollbezirk in 2 Teile zerlegt, wobei der östliche Dakien und Untermoesien, der westliche Pannonien, Obermoesien, Dalmatien und Noricum umfasste. Das Büro der norischen Zollverwaltung scheint sich in Atrans befunden zu haben. Zollstationen fanden sich in Sublavio, Loncium, Larix (Richtung Italien), Atrans (Richtung Pannonien) sowie Boiodunum & Pons Aeni (Richtung Raetien). Binnenzollstation war die Hauptstadt Virunum. Ob Celeia Zollstation war ist fraglich. Eine erwähnte statio Escensis ist nicht lokalisierbar. Ausserhalb Noricums lag die statio Bilachiniensis (bei Villach), die zur Überwachung des Verkehrs über den Wurzenpass diente.

Der cursus publicus, die römische Post, wurde von Kaiser Hadrian verstaatlicht. Bis zu diesem Zeitpunkt, wurde die Reichspost von den Italikern und den Provinzialen unterhalten. Die Verwaltung übernahmen ritterliche praefecti vehiculorum (oder vehiculationis), die als Aufsichtsbeamte über die einzelnen Hauptstrassen der Rangklasse der centenarii (100.000 Sesterzen Jahresgehalt) angehörten. Ihr Amtsbezirk wurde den praktischen Bedürfnissen entsprechend beliebig kombiniert. Sitz der norischen Postverwaltung war Virunum. Man kennt zwei Präfekten, von denen nur Ulbius Gaianus (um 160), namentlich bekannt wurde.

Wie in anderen Zweigen der Verwaltung konnte auch hier ein eigener advocatus fisci den Präfekten entlasten. Er übernahm die Vertretung des Fiskus in Streitigkeiten mit den Untertanen und trennte so die Finanzrechtsfälle von der eigentlichen Verwaltungseinheit. Für Noricum ist hier nur eine Person überliefert: A. Vitellius Felix Honoratus (um 245).

Claudius Paternus Clementianus war um 125 Statthalter von Noricum.



Quellen: F.De Marino ""Wirtschaftsgeschichte des alten Rom, H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", "Der kleine Pauly", ORF-Sendung "Wachau - Land am Strome" vom 08.06.2005

 

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