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Medizin in den hellenistischen Reichen

Unter Hellenistischer Medizin versteht man im allgemeinen jene des ptolemäischen Ägyptens - mit Schwerpunkt Alexandria - seit dem 3.Jh.v.Chr. Sie ist von den hippokratischen Lehren unterscheidbar durch ihre Ausrichtung auf die Naturphilosophie und Biologie des Aristoteles und ihren praktischen Schwerpunkt. Theoretische Modelle traten dagegen in der Krankenpflege zurück und erhielten einen eigenen Stellenwert; wenn auch sie von einigen Schriftstellern ob ihrer "Ferne vom Krankenbett" kritisiert wurden. Mittel und Personal in Alexandria vermochten es nämlich die Medizin auf vier Säulen zu stellen: Diätik (Lebensführung), Chirurgie, Pharmazie sowie Theorie.

Einmalig für die antike Medizin war - abseits religiöser Vorbehalte - die Möglichkeit des Sezierens von Leichen in Alexandria. Vor allem Herophilos und Erasistratos nutzten diese Möglichkeiten um neue Informationen zu erschliessen. Ihre Erkenntnisse erhöhten die Effizienz chirurgischer Eingriffe.

Die Pharmakologie gewann seit dem 3.Jh.v.Chr. unter empirischen Gesichtspunkten ein eigenes Profil. Nach den Eroberungen Alexanders d.Gr. erlangte sie einen deutlichen Schub durch neue Konzepte und Arzneien aus Orient und Indien.

Im Laufe der Zeit entwickelten sich in der griechischen Medizin Schulen (im Sinne von Lehrmeinungen), die teilweise miteinander rivalisierten. Aus diesem Grund wurde das hippokratische Wissen immer wichtiger, da man sich auf ihn als einzige unanfechtbare Autorität berufen konnte. Leider nahm man den Autor dabei oft zu wörtlich und führte die wahren Intentionen des Hippokrates manchmal ad absurdum.

Literarisch ist man nur sehr dürftig über das medizinische Wissen informiert, da es nur ein einziger Text von Apollonios von Kition vollständig in unsere Zeit geschafft hat. Andere Schriften sind nur fragmentarisch erhalten geblieben. Das in tiberianischer Zeit von Celsus verfasste Medizinkompendium dürfte auf griechische und vor allem hellenistische Bücher zurückgehen, denn der Fortschritt in den Methoden ist deutlich erkennbar. Noch später liess Galen diese neuen Erkenntnisse - die er stets selbst verifizierte - als Wiederentdeckungen hippokratischen Wissens verbreiten und verschwieg damit meistens die Leistungen der hellenistischen Ärzte, was lange Zeit (vor allem im Mittelalter, aber auch bis in die Neuzeit!) auch von der Geschichtsschreibung akzeptiert worden war. Erst fragmentarische Neufunde der letzten Jahrzehnte konnten eine Änderung erwirken.

Die anderen Seleukidenreiche zeigten nur mässiges Interesse an der Medizin. Naturgemäss zogen die Herrscherhäuser bedeutende Mediziner als Hofärzte an, doch ihr Wirken bezogen auf die medizinische Welt blieb immer im Schatten der Ptolemäer in Ägypten. Diese hatten es geschickt verstanden ihr Reich zum Zentrum der antiken Bildung zu machen. Unrühmliche Ausnahme bildete Ptolemaios VIII, der die Gelehrten 145 v.Chr. zum Schaden seines Landes kurzfristig vertrieb. Ptolemaios XII (80-51 v.Chr.) ging sogar als philiatros diakeimenos (Liebhaber der Medizin) in die Geschichte ein. Auch Kleopatra VII. stand dieser Disziplin sehr nahe und pflegte regen Austausch mit den ansässigen Ärzten.

Die Ptolemäer stellten den ärztlichen Wissensschatz auch ihrer Bevölkerung zur Verfügung und besoldeten zahlreiche Volksärzte und der Oberaufsicht eines epi ton iatron (Aufseher der Ärzte). Um diesen Dienst an der Volksgesundheit aufrecht erhalten zu können, erhob man bis zur römischen Eroberung das iatrikon (Medizinalsteuer).

Mangelnde Getreidequalität bot in der Antike ein grosses Potenzial für Massenerkrankungen


Quellen: K-H.Leven "Antike Medizin", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)