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Favianis (Mautern in der Wachau)

Namensgebung

Die Bedeutung des Kastellnamens Favianis konnte bislang nicht mit Sicherheit bestimmt werden. Naheliegend - vgl. etwa Comagenis (Tulln) - wäre eine Benennung nach der ersten hier stationierten Einheit. Bei dieser müsste es sich dann um eine cohors Faviana oder Fabiana gehandelt haben, die ihren Namen wohl nach einem verdienten Kommandanten trug. Wie damals üblich ging der Kastellname auf die Gesamtsiedlung über und hielt sich bis in die Spätantike. Im Mittelalter tauchte Mautern als Civitas Mutarensis (Siedlung bei den Mauteinnahmern) erst im Jahre 899 wieder in den Urkunden auf.

Vor den Römern

Mautern liegt an einer für den vorzeitlichen Fernhandel günstigen Stelle um über die Donau zu gelangen. Damit wurden u.a. der steirische Eisen- und Salzhandel an die Bernsteinstrassen Richtung Norden angeschlossen. Aus paläolithischer Zeit gibt es direkt in Mautern keine Funde, wohingegen die Umgebung (z.B. in Willendorf) eine allgemeine Besiedelung in dieser Zeit beweist; vollkommen fehlen dagegen Funde aus mesolithischer Zeit. Dem Neolithikum zugerechnet werden kann ein Knaufhammeraxtbruchstück aus Grünstein, das 1957 gefunden wurde. Aus der späten Frühbronzezeit datieren Funde (Bruchstücke von rotbraunen Tassen & Siebgefässen, Schalen, Teller) der Veterovkultur. Wesentlich häufiger sind Stücke (neben Keramik, Armreifen, Anhänger) aus der späten Bronzezeit.

Das Gebiet von Mautern gehörte ab dem 2.Jh.v.Chr. zum Regnum Noricum und mit dessen friedlichen Zufallen an Rom zur Aussengrenze des Imperiums. Mit der Verleihung des Provinzstatus unter Kaiser Claudius wurde die Gegend Teil der Provinz Noricum ohne jedoch einer vermehrten Siedlungstätigkeit zu unterliegen.

Favianis in der Hohen Kaiserzeit (ca. 70 bis 300 n.Chr.)

Auf einer leicht vorgeschobenen Halbinsel an der Donau erbaute man in frühflavischer Zeit ein Holz-Erde-Kastell, das nach und nach von einem zivilen Vicus im Süden und Westen - später auch Osten - umgeben wurde. Infolge der starken Überbauung und einer bereits in der Antike erfolgten radikalen Zerstörung konnten bislang keine direkt dieser Bauphase zugehörigen Reste gefunden werden. Eben aufgrund der Zerstörungsschicht und Vicusfunden wird dieses Holz-Erde-Kastell im Nordwestlichen Teil des Folgebaues (heute: Bereich Pfarrgarten, Platz südlich des Schlosses) angenommen. Als erbauende Truppe kann die namensstiftende cohors Favianis vermutet werden. In trajanisch-hadrianischer Zeit scheint das Lager nach Süden hin erweitert worden zu sein.

Infolge des unwegsamen Geländes zwischen dem heutigen Melk und Mautern verlief die Strasse entlang des Limes in diesem Bereich nicht an der Donau, sondern einige Kilometer weiter südlich im Landesinneren. Um die Wachtürme der Gegend erreichen zu können, wurden deshalb von der Limesstrasse aus Stichstrassen durch die Täler geschlagen. Westlich von Favianis wurden so zwei Talausgänge durch Türme in Bacharnsdorf und Rossatz gesichert. Reste einer antiken Strasse mit Spurrillen hiervon finden sich noch heute in Mauternbach.

Favianis selbst lag ebenfalls nicht direkt am Hauptverkehrsweg, war allerdings Strassenkreuzung. Von hier aus ging es gen Osten zum Lager Augustianis (Traismauer) und im Süden nach Aelium Cetium (St.Pölten). Parallel blieb die Einbindung in das System der Bernsteinstrasse mit ihrer Nord-Südausrichtung erhalten.

Seit zumindest kurz vor 100 n.Chr. lag in Favianis die cohors II Batavorum. Ab 110 n.Chr. wurde sie von der cohors I Aelia Brittonum Miliaria abgeöst und vielleicht damit auch das Lager in Steinbauweise erweitert - immerhin war diese Kohorte 1000 Mann stark. Leider liessen sich auch dieser Bauphase bislang keine Baureste zuweisen. Unter der Annahme von Analogiebauweise ähnlich Comagenis und nach der Auswertung des Keramikbefundes ergibt sich folgende moderne Lokalisierung: Nordwestecke ist der Fächerturm im Bereich des Pfarrhofes. Die Nordfront verlief nach Osten hin zum Nikolaihof, die Westfront ging nach Süden und entspricht der mittelalterlichen Stadtmauer bis zur Ecke Missongasse - Alte Friedhofstrasse, die Südfront in der Alten Friedhofstrasse. In Summe ergäbe dies eine Baufläche von ca. 3 ha. In den 130er-Jahren kam vermutlich eine vexillatio (Truppenabordnung) der cohors II Tungrorum von Britannien her nach Mautern, um gut ein Jahrzehnt hier zu verweilen und schliesslich um 140 nach Raetia verbracht zu werden.

Im 2. und 3.Jh.n.Chr. entwickelte sich der Vicus vor allem im Südosten und Osten weiter, wie Funde von Streifenhäusern ergaben. Dabei handelte es sich nicht nur um Fachwerkbauten, sondern durchaus auch um Steinbauten mit beheizbaren Räumen und Wandmalereien vorzüglicher Qualität. Ein 1932 ergrabenes Haus wurde im letzten Viertel des 2.Jh.n.Chr. zerstört. Wie stark Favianis während der Markomannenkriege zerstört wurde konnte bislang nicht ermittelt werden. Infolge der dichten Bebauung konnten bislang keine öffentlichen oder religiösen Gebäude (1947 ergrub man wohl einen Altar mit bleiernen Spruchtäfelchen an die Unterweltgötter) identifiziert werden. Möglicherweise stand im Osten in der heutigen Burggartengasse eine Therme.

Im südlichen Teil von Favianis lag auf einem damals deutlicher ausgeprägten Höhenrücken, der etwa dem Verlauf der heutigen Schubertstrasse entspricht, ein ländlicher Siedlungsteil mit einigen unterkellerten Häusern. Die Grundstücke waren mittels Zäune oder Gräben von einander abgetrennt. Die Funde legen die Tätigkeit der Bewohner in die Bereiche Landwirtschaft und Töpferei und zeitlich in das 2.Jh.n.Chr. Leider wurden die späteren Schichten durch die natürliche Erosion abgetragen.

Die Fundsituation wird umso besser, je weiter man sich vom Zentrum entfernt. So gibt es in Mautern zahlreiche Belege für Handwerksbetriebe, etwa im Süden in der heutigen Schubertgasse und für Töpferöfen im Osten am heutigen Kasernengelände. Der archäologische Befund legt auch die Existenz von Textilgewerbe (Webgewichte) und Metallproduktion (Eisenschlacken) nahe.

Südlich von Mautern wurden bereits die Tonlagerstätten in Fucha und Baumgarten ausgebeutet. Im Bereich der Vici standen mehrere Brennöfen, die für den lokalen Markt produzierten. Ein ergrabenes Lampenmodell lässt auf eine entsprechende Produktion von Öllampen schliessen. Ein Ofen scheint über mehrere Generationen ab dem 2.Jh.n.Chr. durchgehend in Betrieb gestanden zu haben.

Die Gräberfelder der Hohen Kaiserzeit konnten bislang nicht ausreichend erforscht werden, da bei zahlreichen Neubauten von Einfamilienhäusern im Südwesten in der heutigen Weinbergstrasse wertvolle Funde vernichtet wurden. 1994 ergrub man auf dem heutigen Kasernengelände einige Brandgräber aus dem 2.Jh.n.Chr. sowie Fundamentreste von Grabbauten.

Mitte des 3.Jh.n.Chr. ereignete sich in Favianis eine Brandkatastrophe. Da es damals gerade keine militärischen Auseinandersetzungen in diesem Gebiet gab, ist wohl eher von einer „gewöhnlichen“ Feuersbrunst auszugehen. Die Reformen des Gallienus werden sich jedoch auf Favianis ausgewirkt und der Stadt eine fest stationierte Truppe beschert haben, wohingegen mobile Teile wohl dem Feldheer zugeteilt worden waren.

Die Reste eines spätantiken Hufeisenturms in Mautern
(c) imago auctoris


Quellen: Museumskatalog Römermuseum Favianis-St.Severin, Eugippius "Vita Sancti Severini", Werner Lugs "Ripa"
 

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(PL)