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RHEGIUM

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Rhegium (Reggio die Calabria in Italien)

Namensherkunft

Das an der Meerenge zwischen Italien und Sizilien gelegene R(h)egium (grch. Rhegion) war eine an beherrschend günstiger Lage gegründete griechische Kolonie und nach Cumae zweitälteste Ansiedlung Griechenlands in Italien. In der Antike deutete man den Namen entweder als nach einer Person oder zu diversen griechischen Verben und Substantiven mit den Bedeutungen abschüssig (nach der Lage), Abbruch und Losreissen (beides nach der Trennung Siziliens von Italien). Der nur einmal überlieferte Name Erythra dürfte die griechische Übersetzung einer einheimische Vorgängersiedlung darstellen. Berühmte Söhne der Stadt waren die Historiker Hippys und Lykos sowie der Dichter Ibykos.

Gründung

Die Kolonisten entstammten der Stadt Chalkis auf Euböa und der Sage nach erfolgte die Gründung durch Iokastos. Tatsächlich machten sich die Chalkidier unter der Führung des Artimedes und Messener unter der Leitung von Antimestos auf den Rat des Orakels von Apollo hin um das Jahr 720 v.Chr. auf den Weg. Nach der Einschiffung folgten die Siedler dem Rat des Orakels und begaben sich nach Pallantion zum Grab des Iokastos am Fluss Apsia, wo dem Spruch nach die Weinrebe den Feigenbaum umschlingt. Am Ort der neuzugründenden Stadt befand sich höchstwahrscheinlich eine seit dem 3.Jt.v.Chr. bestehende Siedlung der Ausonen.

Politik als eine klassische Tragödie

Die Stadt gab sich spätestens in der 2.Hälfte des 6.Jh.v.Chr. eine aristokratische Verfassung unter Einfluss des berühmten Gesetzgebers Charondas. 540 v.Chr. wurden Siedler aus Phokis  in die Stadt aufgenommen, welche anschliessend von Rhegion aus die Stadt Velia gründeten. Die günstige Lage am fretum Siculum (Strasse von Messina) liess die Siedlung bald durch den Handel reich und damit auch politisch einflussreich werden. Gefördert wurden Philosophie und die Künste. Es gab philosophische Schulen der Pythagoräer und Ausbildungsstätten für Literatur und Plastik.

Die plutokratische Herrschaft der 1000 reichsten Bürger wurde 494 v.Chr. durch Anaxilaos - seine Familie war von Messina zugewandert - gestürzt und die Tyrannis eingeführt. Mit nach Zankle zugewanderten messenischen Siedlern bemächtigte er sich auch dort der Herrschaft und benannte den Ort nach Messenion um. In weiterer Folge liess er das Vorgebirge Skyllaion gegen Ansprüche der Tyrrhener befestigen und verhinderte einen Krieg zwischen Rhegion und Lokroi. Als strategische Unterstützung ging er ein Bündnis mit den Karthagern ein. Nach seinem Tod 476 v.Chr. folgt ihm der ehemalige Sklave und Erzieher seiner Kinder Mikythos nach. Nach 465 v.Chr. kamen die Söhne des Anaxilaos zum Zug.  In diese Zeit fällt die Kolonisation von Pyxus und eine Niederlage gegen den Stamm der Iapyger. Die Söhne werden 461 v.Chr. aus der Stadt vertrieben.

Die weitere Aussenpolitik wurde durch die Freundschaft mit Leontinoi auf Sizilien und der Feindschaft mit Lokroi dominiert. 433 v.Chr. schloss Rhegion einen Freundschaftsvertrag mit Athen, dem sechs Jahre später bereits ein Bündnis gegen Syrakus folgte. Im Krieg von 415 v.Chr. blieb die Stadt jedoch neutral. In den Jahren 404 bis 387 v.Chr. focht man einen sinnlosen Krieg gegen die mit Dionysios von Syrakus verbündete Feindesstadt Lokroi. Wohl hoffte man sich diesen mit der eigenen Flotte von 70 Kriegsschiffen vom Halse halten zu können. Im Jahr darauf von Dionysios erobert wurde die Bevölkerung versklavt und das Stadtgebiet Syrakus einverleibt. Das Grundstück zum Haus des neuen Herrschers in Rhegion war der Überlieferung nach mit Platanen bepflanzt.

Neugründung

Die entvölkerte Stadt wurde 358 v.Chr. unter dem Namen Phoibia neu besiedelt und konnte sich 351 v.Chr. aus der Hoheit von Syrakus befreien. In den weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen in der Region schlossen sich die Bewohner dem korinthischen Strategen Timoleon an. 280 v.Chr. errichtete eine kampanischen Besatzung eine Schreckensherrschaft. Der Angriff des König Pyrrhos konnte jedoch abgewehrt werden.

Das römische Rhegium

270 v.Chr. eroberte Rom unter der Führung der Brüder Gaius und Lucius Genucius Clepsina im Zuge der Auseinandersetzungen mit Pyrrhus die Stadt für sich und wurde rasch eine civitas foederata (verbündete Stadt), die man wegen ihrer Kriegsflotte als socia navalis (nautischen Bundesgenossen) bezeichnete.  Obwohl vom äusseren weiterhin eine sehr typisch griechische Stadt, blieb sie stets Rom treu. Die Anbindung an das römische Überlandstrassennetz erfolgte um das Jahr 132 v.Chr. durch die Via Popilii.

Nach dem Marserkrieg 91/90 v.Chr. zum munizipium (Siedlung mit Stadtrecht) erhoben waren die Bewohner in der tribus Cornificia der 3. Region wahlberechtigt. 36 v.Chr. wurden römische Marinesoldaten angesiedelt und die Siedlung erhielt den endgültigen Namen Regium Iulium. Ihr Stadtgebiet erstreckte sich zwischen den Flüssen Metaurus und Halex (Alice). Mit der Pax Romana einher ging ein erneuter wirtschaftlicher Aufschwung. Leider sind die Nachrichten aus der für Regium friedlichen Epoche sehr spärlich. Mit der Reichsreform unter Diocletianus wird die Stadt Sitz eines corrector (Gouverneur im spätantiken Italien) und damit erste Stadt in der italischen Regio II Lucania et Bruttii (2. Region Lukanien und Bruttium). Die in dieser Region häufigen Erdbeben und Flutwellen konnten der Prosperität von Rhegium nichts anhaben.

Die weitere Entwicklung

Mit dem Zusammenbruch des Weströmischen Reiches kam Rhegium rasch unter die Oberhoheit von Ostrom und damit dem Byzantinischen Reich. Wegen der günstigen Einschiffungsmöglichkeiten wurde die Stadt rasch führend unter den süditalischen Besitzungen und erhielt im 8.Jh.n.Chr. einen Bischofssitz. Mit dem Schwinden der byzantinischen Macht fiel Reggio an das Herzogtum Kalabrien, blieb jedoch weiterhin ein Brückenkopf der griechisch-orthodoxen Kirche in Italien bis in das 17.Jh. hinein. Zum grössten Problem entwickelten sich im 9.Jh. die Sarazenen, welche sich von etwa 853 bis 871 mit einem selbsternannten Sultanat unter der Führung von Mofareg ibn Salem in Süditalien festgesetzt hatten. Reggio lag an deren Nordgrenze und war dementsprechend Durchzugsgebiet für die invasorischen Araber und die einheimischen Lombarden. Ihnen folgten die Normannen und nochmals die Byzantiner. Seit 1060 machte Sizilien seinen Anspruch geltend und im 12.Jh. wurde Reggio Teil des Königreiches von Sizilien. In der Sizilianischen Vesper von 1282 verbündete man sich mit Messina und den anderen unteritalienischen Städten gegen die Ansprüche des Hauses von Anjou. Daraufhin wurde Reggio Teil des Königreiches von Neapel und erholte sich langsam von den dunklen Jahrhunderten zuvor. Erst im 16.Jh. verfiel die Stadt erneut unter Plünderungen der Osmanen zum einen und der hohen spanischen Besteuerung zum anderen.

Auch Rhegium wurde nicht an einem Tag erbaut.


Quellen: "Der kleine Pauly"; en.wikipedia.org
 

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(PL)