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Bibliotheken im Römischen Reich

Die besten Informationen zu antiken öffentlichen Bibliotheken ausserhalb der Hauptstadt Rom sollten sich in den beiden vom Vesuv heimgesuchten Städten Pompeji und Herculaneum finden. Doch konnte eine derartige Einrichtung in besagten Städten bislang nicht nachgewiesen werden. Lediglich Privatbibliotheken (teilweise in recht grossem Umfang) in reichen Haushalten hat man bislang erschlossen. Dies ist vielleicht ein Zeichen für das Fehlen einer öffentlichen Bibliothek.

Vielfach kann nur mittels Inschriften auf das Vorhandensein von Bibliotheken geschlossen werden. Plinius d.J. schenkte seiner Heimatstadt Comum (Como) eine Bibliothek samt einem Fond mit 100.000 Sesterzen zur Instandhaltung derselben. In Suessa Aurunca (liegt in Küstennähe zwischen Rom und Neapel) wird eine bibliotheca Matidiana genannt, die wohl von Matidia, der Schwiegermutter Hadrians, gestiftet wurde. In Volsinii (Bolsena) stifteten die Bürger eine Bibliothek und die dafür nötigen Schriftrollen. Der Literat und Jurist Gellius berichtet von einer solch öffentlichen Einrichtung in Tibur (Tivoli).

Im griechischsprachigen Ostteil des Römischen Reiches existierten Bibliotheken schon seit hellenistischer Zeit. Während der beiden ersten nachchristlichen Jahrhunderte kamen zahlreiche Neubauten und Erweiterungen hinzu, wobei sich der römische Stil in Architektur und Konzept durchsetzte.

Die Grosse Bibliothek in Alexandria wurde unter Claudius durch einen Anbau vergrössert. Jene in Pergamon verschwand mit der Schenkung der Bestände durch Marcus Antonius an Kleopatra. Erst unter Kaiser Hadrian wurde wieder eine Bibliothek errichtet, die jedoch einen völlig anderen Kreis von Klienten ansprechen sollte und auch wesentlich kleiner gestaltet war. Flavia Melitine, eine reiche Bürgerin der Stadt, stiftete dem Asklepios-Heiligtum diese Einrichtung. Damit sollte den Patienten dieses medizinischen Zentrums ein zusätzlicher Zeitvertreib ermöglicht werden; ein Theater existierte nämlich schon lange. Das Gebäude konnte archäologisch erschlossen werden und der Lesesaal mass 16,52 mal 18,90 m.

Athen hatte zwar unter den Römern seine politische Macht eingebüsst, doch war es immer noch ein kulturelles Zentrum ersten Ranges. In den ersten Jahrzehnten des 2.Jh.n.Chr. wurden gleich zwei neue Bibliotheken errichtet. Eine lag an der südöstlichen Ecke der Agora und damit für alle Bewohner leicht erreichbar im Zentrum der Stadt. Aus einer Inschrift weiss man, dass Titus Flavius Pantainos unter Trajan diese Institution samt Inventar, Gelände und Kolonnaden gestiftet hat. Der archäologische Befund legt nahe, dass es sich um eine Bibliothek im griechischen Stil gehandelt hat.

Die andere Bibliothek entstand gut 200 m nordöstlich von der ersten gelegen durch Schenkung Kaiser Hadrians. Es war eine Kombination von Bibliothek und Arkaden in einem ausgedehnten Gebäudekomplex von 82 mal 60 m. Die Arkaden verliefen an der Innenseite jener Mauer, die das Gelände umschloss. In der Mitte wurde ein grosser Zierteich angelegt. Aus den Überresten wurden 66 Bücherschränke errechnet, was einen grösseren Bestand als etwa die Trajansbibliothek in Rom bedeutete.

Ebenfalls unter Hadrian bekam Ephesos eine Bibliothek geschenkt. Tiberius Iulius Aquila Polemaeanus liess sie als Denkmal für seinen Vater errichten. Der Stifter starb noch vor der Fertigstellung, die um das Jahr 135 erfolgte. Der Wortlaut einer Inschrift: "Für Tiberius Iulius Celsus Polemaeanus, Consul, Proconsul von Asien, errichtete der Sohn, der Consul Tiberius Iulius Aquila Polamaeanus die Bibliothek von Celsus samt Zierwerk, Standbildern und Handschriften aus eigenen Mitteln. Zu ihrer Unterhaltung und zum Kauf von Schriftrollen hinterliess er 25.000 Denarii. Die Erben haben sie vollendet."

Den Fügungen des Schicksals (und Archäologen unter österreichischer Führung) ist es zu verdanken, dass diese Bibliothek eine der bestdokumentiertesten Einrichtungen ist. Wohl durch ein Erdbeben umgekippt, konnte die Fassade fast vollständig wiederhergestellt werden. Sie ist auch das touristische Wahrzeichen von Ephesos.

Die Bibliothek umfasste 30 Nischen für etwa 3.000 Schriftrollen. Hauptaugenmerk wurde allerdings nicht auf die geistigen Inhalte, sondern auf die Pracht des Bauwerks gelegt. Dies lag daran, dass sich unterhalb der eigentlichen Bibliothek ein Mausoleum mit einem Sarkophag jenes Mannes befand, zu dessen Andenken all dies errichtet wurde.

So dicht die Befunde für Bibliotheken im Osten des Römischen Reiches sind, so spärlich sind die Nachrichten für die westliche Hälfte. Lediglich für Timgad und Carthago (beide in Africa) konnten derartige Einrichtungen belegbar erschlossen werden. Nur durch eine zufällige Erwähnung aus dem 2.Jh.n.Chr. weiss man um die Bibliothek in Carthago. Die Stadt galt seit der Neugründung durch Augustus als Bildungszentrum und wahrscheinlich gab es auch noch andere Bibliotheken.

Timgad wurde 100 n.Chr. durch Trajan gegründet und entwickelte sich rasch zu einer blühenden Stadt. Da die Siedlung vollständig ausgegraben wurde, ist die dortige Bibliothek an einer der Hauptstrassen archäologisch gesichert. Das Gebäude war - wie an vielen Orten - die Stiftung eines reichen Bürgers. Der genaue Gründungszeitpunkt liess sich nicht mehr rekonstruieren, doch dürfte die Bibliothek nicht vor dem Ende des 3.Jh.n.Chr. gestiftet worden sein. Timgad kam damit relativ spät zu einer eigenen öffentlichen Bibliothek.

Der Bau selbst ist etwas ungewöhnlich. Der Lesesaal umfasste nur acht Nischen; dafür gab es längsseits davon zwei schmale Räume, die vermutlich weitere Bestände enthielten. Aufbau und Grösse nach wird die Bibliothek nur lateinische Texte enthalten haben.

Die Bibliothek von Konstantinopel lässt sich indes nur literarisch erschliessen. Wohl von Konstantin d.Gr. gegründet, vergrösserte sie Kaiser Iulianus um seine eigene Sammlung. Valens erhöhte die Zahl der dort tätigen Beamten. Im Jahre 475 wurde das Gebäude zerstört und mit ihm wohl alle darin gelagerten 120.000 Codices. Rasch begann man mit einem Wiederaufbau und fügte noch eine Hochschule hinzu. Für beide kam das Ende 726, als Leo der Isaurier die Einrichtungen in Schutt und Asche legte.

Andere Städte von Africa über Spanien, Gallien bis Britannien werden ebenfalls Bibliotheken besessen haben. Das allgemeine Bildungsniveau der römischen Antike überstieg das des Mittelalters um Kategorien. Aber nicht nur Lehrer und Schüler benötigten Bücher, auch die reicheren Haushalte werden die Ausstattung ihrer Stadt mit einer Bibliothek begrüsst haben. Dazu kamen auch noch die Büchersammlungen in den zahlreichen Thermenanlagen, die je nach Publikum und Frequenz unterschiedliche Ausmasse hatten.

Mit der Verbreitung des Christentums wandelte sich das Bibliothekswesen. Vor allem die aus dem Judentum übernommenen Texte wurden neu gefasst und - je nach sektenmässiger Ausprägung - interpretiert in eigene Werke gegossen. Die frühe Etablierung einer Kirchenverwaltung produzierte ebenfalls Schrifttum, sodass entsprechende Archive bestehend aus Ämterlisten, Briefen, Festkalendern, Märtyrerakten und Synodenbeschlüssen, rasch anwuchsen.

Studienbibliotheken gab es u.a. in Jerusalem (212 n.Chr.) und Caesarea (ab ca. 231 n.Chr.). Der Bestand letzterer soll 30.000 Bücher umfasst haben, da sie bewusst als christlicher Kontrapunkt zur grossen (aber heidnischen) Bibliothek in Alexandria gesehen wurde. Der letzte Beleg für ihre Benutzung findet sich 386.

Im 3.Jh.n.Chr. dürfte jede grössere christliche Gemeinde über entsprechende Sammlungen verfügt haben. Schon im 1.Jh.n.Chr. gab es Codices, d.h. Schriften in moderner Buchform und nicht mehr rein als Schriftrolle. Bis in das 4.Jh.n.Chr. lagen alle massgeblichen christlichen Texte in Codices vor.

Aus der Zeit Kaiser Hadrians sind zahlreiche Bibliotheksstiftungen bekannt.

 


Quellen: W.Hoepfner "Antike Bibliotheken", L.Casson "Bibliotheken in der Antike", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)