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Provinz Britannia

Militär

Die Invasionen Caesars (fünf Legionen und 2.000 Mann Kavallerie) der Jahre 55 und 54 v.Chr. dienten ursprünglich der Eroberung Britanniens, mussten jedoch unter dem Eindruck heruntergeschraubter Erwartungen (militärisch, wirtschaftlich) über das Land alleine der Sicherung des Gallischen Festlandes dienen. Die gallischen Stämme hatten Unterstützung durch die Stammesgenossen von der Insel erhalten. Im Zuge der Expedition kam es auch zu politischen Verbindung, z.B. mit Cassivellaunus. Auch Augustus unternahm zwischen 34 und 26 v.Chr. Versuche die Insel näher an das Imperium zu binden, verschob eine endgültige Inbesitznahme aber wohl auf die Zeit nach der Eroberung Germaniens.

Kaiser Gaius wollte den Machtbereich Roms über den Kanal hinweg ausstrecken, doch schien ihm der Ausgang des Unternehmens zu ungewiss und die Pläne wurden wieder fallengelassen, obwohl das Heer bereits aufmarschiert war. Sein Onkel Claudius realisierte schliesslich die Pläne - die Legionen standen immer noch an der Kanalküste - und unterwarf Südengland systematisch ab 43 n.Chr. Ein Expeditionskorps mit vier Legionen (legio II Augusta, legio IX Hispana, legio XIV Gemina & legio XX Valeria Victrix) und 20.000 Mann Hilfstruppen unter dem Kommando des späteren ersten Statthalters in Britannien Aulus Plautius eroberte das Gebiet der Belgae mit der Hauptstadt Venta Belagarum (Winchester) im Süden der Insel. Der Kaiser kam erst gegen Ende der Kämpfe auf die Insel und beaufsichtigte lediglich die Einnahme von Camulodunum, der Hauptstadt des Stammes der Trinovanten. Einer der Legionskommandanten hiess übrigens Titus Flavius Vespasianus...

Die ersten Schritte auf der Insel verliefen noch unblutig, doch je tiefer die Legionäre in das Land eindrangen, umso heftiger wurde der Widerstand. Da erwies es sich für die Römer als günstig, dass die Stämme in stetem Streit miteinander lagen und sich selten mehr als ein oder zwei Stämme gleichzeitig den Truppen entgegen warfen. So konnte die Eroberung der südlichen Gebiete tatsächlich in kleinen überschaubaren Schritten vonstatten gehen.

Während der Herrschaft der Flavier machte die Eroberung der Insel unter den Statthaltern Q.Petillius Cerialis und Sex. Iulius Frontius langsam weitere Fortschritte. Der Bau des Lagers der legio XX in Camolodunum  wurde begonnen und auch die Kastelle in Glevum (Gloucester), Isca Dumnoniorum (Exeter), Lindum (Lincoln) und Viroconium (Wroxeter) entstanden an strategischen Punkten.

Als Klientelkönigreiche beugten sich die Brigantes (Nordengland), die Iceni (Ostengland) und die Regni Atrebates (in Sussex) der römischen Macht. Die Anlage von Militärstrassen sicherte die Eroberungen zwischen den Siedlungen ab.

Der britische Rebellenführer Caratacus, Sohn des Cunobelin, führte den Stamm der Ordovizen gegen die römische Besatzung. Nach seiner Niederlage floh er zum Stamm der Briganten, wo er jedoch verraten und gefangen genommen wurde, um schliesslich in Ketten nach Rom verbracht zu werden. In den Jahren 60/61 war es dem Statthalter Suetonius Paulinus gelungen mit der Insel Monapia (Ilse of Man) die letzte Bastion des keltischen Druidentums zu erobern.

Nach mehrfachen Rückschlägen und weiteren Kämpfen mit den einheimischen Stämmen konnte im Jahre 83 unter Domitianus die Eroberung Britanniens durch Cn. Iulius Agricola vollendet werden. Wales und Schottland blieben aber weiterhin ausserhalb der durch 4 (später 3) Legionen gesicherten römischer Kontrolle. Die Grenze bildete eine Linie zwischen Firth of Clyde und Firth of Forth, die durch den weiteren Ausbau der Militärstrassen im Hinterland vollendet wurde. Sie blieb bis zum Aufstand der Brigantes 118 eine allgemein akzeptierte und offene Grenze.

Im Jahre 105 zogen sich die römischen Truppen aus den besetzten schottischen Teilen der Insel zurück. Infolge schwerer Kämpfe mit den Brigantes im Norden musste Kaiser Hadrian in den Jahren 118 und 119 die Grenze auf die Linie zwischen Carlisle und Newcaste upon Tyne zurücknehmen. Während seiner Anwesenheit wurde hier 122 mit dem Bau des Hadrianswalles begonnen, der 127 fertiggestellt werden konnte. Antoninus Pius konnte die Grenze noch einmal bis auf die alte Linie vorrücken und sie 142 durch den Antoninuswall sichern. Noch vor seinem Regierungsende mussten Truppen abgezogen werden und die Bevölkerung zwischen den beiden Befestigungsanlagen wurde evakuiert und nach Germanien umgesiedelt.

Reste des Meilenkastells Nr. 42 am Hadrianswall nähe Cawfields
Der Bau erfolgte durch die legio II Augusta um 122/123
e libro T.Bechert "Die Provinzen des Römischen Reiches" (c) A.Wilmott

In den Jahren 180 bis185 versetzten schottische Stämme die Provinz in Unruhe, als sie den Hadrianswall überrannten und die zu Hilfe geeilten Truppenverbände besiegt hatten. Der Statthalter Ulpius Marcellus konnte mit seinen Legionen die Eindringlinge wieder zurückwerfen. Nach einigen Strafexpeditionen wurden mit den schottischen Stämmen Grenzverträge geschlossen. 185 bis 187 marschierten 1.500 britische Soldaten auf Rom um gegen die Einsetzung nichtsenatorischer Truppenkommandeure zu protestieren. Der Statthalter Helvius Pertinax hatte mit zahlreichen Militärrevolten zu kämpfen und resignierte schliesslich aufgrund der Unpopularität seiner eigenen Person. Zum Nachfolger wurde Clodius Albinus bestimmt, der es schaffte die Disziplin der britannischen Truppen wieder herzustellen. Als er sich zum Gegenkaiser aufschwang, sollten sie ihn allesamt unterstützen.

Im 2. Jh. n.Chr. lagen drei Legionen in Britannien, die sich wie folgt verteilten:

Zu diesen kamen noch zahlreiche einheimische Auxiliareinheiten.

206 begann der Statthalter Alfenus Senecio den beschädigten Hadrianswall wieder instand zu setzen. Gleichzeitig bat er um Unterstützung gegen die einfallenden Stämme aus dem Norden. Septimius Severus, der sich von 208 bis zu seinem Tod 211 in Britannien aufhielt,  hatte unter dem Druck der Caledonier die Grenze endgültig zurückzunehmen und verstärkte dafür den Hadrianswall mit einem Vorpostensystem. Auch begann man systematisch die Städte mit Erdwällen zu schützen. In London errichtete man erstmals steinerne Abwehrbauten.

Das kaiserliche Hauptquartier war in der Nähe der Stadt Aberdeen aufgeschlagen und zugleich in den Rang einer Kolonie erhoben worden. Nach dem Tod des Septimius Severus führten seine Söhne Caracalla und Geta die Feldzüge zu Ende und kehrten wieder nach Rom zurück.

Die Trennung von Zivilverwaltung und Militär brachte auch für Britannien neue Militärämter. Der Comes litoris Saxonici per Britanniam (Kommandant der Sachsenküste in Britannien; engl. Count of the Saxon Shore in Britain) war für die Ostküste zuständig und dem Dux Britanniarum unterstanden die Verteidigungskräfte gegen Norden. Das militärische System funktionierte bis in die 360er Jahre offenbar perfekt.

Rutupiae (Richborough) gehörte bei der Invasion 43 n.Chr. zu den ersten befestigten Orten in Britannien. In der Spätantike stand hier immer noch ein Fort am litus Saxonicum.
e libro T.Bechert "Die Provinzen des Römischen Reiches" (c) English Heritage London

Im Jahre 367 verbündeten sich zahlreiche Stämme und begannen mit einer konzertierten Land- und Seeoperation gegen das römische Herrschaftsgebiet. Picten, irische Scoten, Attacotti (vermutlich ein Inselstamm, der damals noch dem Kannibalismus frönte) und einige Sachsen überrannten den Hadrianswall. Der Armeekommandant Fullofaudes wurde gefangen genommen und Nectaridus, der zivile Herr über die sächsischen Gebiete, ermordet. In der Folge der Ereignisse plündern entflohene Sklaven und Deserteure das Land.

Diese Unruhen wurden schliesslich unter Valentinianus I. von Thedosius dem Älteren 368 bis 370 gewaltsam niedergeschlagen, Deserteure begnadigt und die Verteidigungsanlagen wieder hergestellt. Auf Veranlassung des Usurpators Magnus Maximus wurden jedoch die verbliebenen Truppen 383 und endgültig unter dem rebellischen Statthalter Constantinus 407 von der Insel abgezogen. Magnus Maximus, ein spanischer Feldherr, usurpierte gegen den Weströmischen Kaiser und hatte dazu britische Truppen benötigt. In der Folge wurden zahlreiche Forts aufgegeben. Der Hadrianswall verlor endgültig seine Funktion.

Um gegen die Picten vorgehen zu können, war Kaiser Theodosius gezwungen 389/390 Verstärkungen nach Britannien zu schicken. Um gegen Picten und Scoten vorzugehen führte 396 bis 398 der germanische Heermeister Stilicho im Auftrag des Kaisers Honorius noch einmal eine Seeoperation durch. 401 zog er allerdings noch verbliebene Einheiten ab, um sie gegen die Goten einsetzen zu können. Noch bestehende reguläre Truppenlager wurden aufgegeben.

Unter Kaiser Hadrian wurde mit dem Bau der nach ihm benannten Verteidigungsanlage, dem Hadrianswall, begonnen.

Antoninus Pius konnte die Nordgrenze in Schottland nochmals um ein paar Meilen nach Norden verlegen und liess dort den Antoninuswall errichten.


Quellen: H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", F.M.Ausbüttel "Die Verwaltung des Römischen Kaiserreiches", W.Eck "Die Verwaltung des Römischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit", F.DeMartino, "Wirtschaftsgeschichte des alten Rom", T.Bechert "Die Provinzen des Römischen Reiches", J.Matthews "King Arthur", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)