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Thermen in Pompeji

Die Vorstadtthermen

Die Vorstadtthermen befanden sich links vom Durchgang zur Porta Marina zwischen diesem und einer Schiffsanlegestelle am Kanal zum Stadthafen gut einen Kilometer entfernt. Mittels einer Treppe gelangte man vom Hafen zu einem höhergelegenen Platz mit Portiken, an dem der ursprünglich bis über drei Etagen erstreckende Thermenkomplex lag.

Das mit prächtigem Stuck ausgestattete apodyterium (Umkleideraum) öffnete sich mit einem grossen Fenster auf ein Nymphäum mit stufenförmig angelegtem Brunnen hin. Die künstliche Grotte hatte man durch Glaspaste und Muscheln mit einem Mosaik ausgestattet, das Mars samt waffentragenden Eroten zeigte. Die Gestaltung scheint darauf hinzudeuten, dass es sich ursprünglich um die Einbettung in ein grösseres künstlerisches Ensemble handelte. Dementsprechend nimmt man an, dass in der Nische die Statuette einer schlafenden Rhea Silvia gestanden hatte. Der umgebende Fries zeigt noch Meereswesen zwischen am Meer gelegenen Villenkomplexen. Im Giebel fanden sich zudem Adler, Blitz und Kugel - allesamt die Attribute des Iuppiter.

Dem Badebetrieb angeschlossen war ein Bordell mit in Reihen angelegten Kammern. Über deren Türen fand man zahlreiche erotische Darstellungen, die vermutlich die hier gebotenen Dienstleistungen für den Besucher anschaulich machten. Wohl auf das hier ausgeübte Gewerbe hinweisend, fand man im Portikus zur Porta Marina über der Sitzbank folgende Inschrift „Wer sich hierher setzt, soll vorher dies alles lesen: falls er ficken will, soll er nach Attice fragen, für 16 Asse.“ Dies war nicht gerade der billigste Tarif.

Die Forumsthermen

Die nahe am Forum gelegenen Thermen waren kleiner und einfacher gestaltet, als die grösste Anlage von Pompeji, Stabianer Thermen; wie diese jedoch mit nach Geschlechtern getrennten Abteilungen versehen. Alles in allem hat man versucht die Stabianer Thermen hier zu kopieren, was jedoch aufgrund Platzmangels nur rudimentär gelingen konnte.

Die Männertherme konnte durch drei Eingänge (über Via del Fora, Vicolo delle Terme und Via delle Terme) betreten werden. An der Via delle Terme lag auch der einzige Eingang für die Frauentherme. Die beiden erstgenannten Eingänge in die Männertherme führen in einen kleinen Hof mit Portiken an der Nord-, West- und Ostseite. Neben dem Eingang am Vicolo delle Terme befand sich eine kleine Latrine. Aufgrund des verwendeten opus quasi reticulatum (Gussmauerwerk mit polygonalen Oberflächensteinen) konnte das Mauerwerk auf eine Restaurierung von 62 n.Chr. datiert werden.

Nördlicher und westlicher Teil des Portikus bestanden aus dorischen Säulen mit Stucküberzug, welche der ersten Bauphase zugerechnet werden. Den Ostteil beherrschen Arkaden aus Tuffstein über Pfeilern aus opus latericium (Ziegelmauerwerk), die einer späteren Bauphase zuzurechnen sind.

In das apodyterium gelangte man durch einen Gang in der Nordwestecke des Hofes sowie direkt durch den Eingang von der Via delle Terme. In ersterem wurden gut 500 Tonlampen gefunden. Es wird angenommen, dass diese dort zwischengelagert waren, solange die Anlage nicht in Betrieb war. Das apodyterium selbst war ein länglicher Raum mit Tonnengewölbe und Mosaikfussboden aus unregelmässigen weissen Steinchen mit schwarzer streifenförmiger Einrandung. Von der Nordwestecke aus konnte man direkt zur Heizungsanlage der Thermen gelangen.

Panoramablick durch das apodyterium der Forumsthermen; links der Zugang vom Hof,
Mitte-links jener zum figidarium, Mitte-rechts zum tepidarium und rechts weiterer Zugang zu den Thermen
e ludo computatrali "Pompei"

Die ergrabene Ausstattung bestand lediglich aus zwei gemauerten Bänken an den Längsseiten. Infolge im Mauerwerk aufgefundener Dübellöcher ist anzunehmen, dass die Kleiderschränke aus Holz bestanden und in die Wand eingelassen waren. Hiervon hat sich jedoch nichts erhalten, sodass sie vermutlich bei der Verschüttung durch den Vesuv wegen der Renovierungsarbeiten abmontiert waren. Die Wände hatten eine gelbe Farbe und am Tonnengewölbe dürften Amphoren, Greifen, Laren und Muster stukkatiert gewesen sein - es hat sich leider kaum etwas davon erhalten. Aufgefunden wurde dagegen eine Nische für Lampen. Wenigstens etwas an natürlichem Licht erhielt der fensterlose Raum durch einen Schacht, den man mit trübem Glas in Bronzerahmen abgedeckt hatte. Nordseitig am Umkleideraum lag noch ein Kämmerlein, das vermutlich als elaeothesium (Lager für Salböl) in Verwendung stand.

Das frigidarium (Kaltbad) konnte vom apodyterium direkt mittels eines im Süden gelegenen Portals betreten werden. Hier wird der Versuch die Stabianer Thermen zu imitieren besonders deutlich. Es stellte einen Raum mit runder Kuppel und vier apsidenförmigen Nischen in den Ecken dar. Mittels einer Lichtöffnung in der Kuppel konnte Tageslicht in die Anlage dringen.

Das marmorne Bad selbst war rund und in den Boden eingelassen. Mittels Stufen gelangte man in das Becken; konnte aber auch auf ihnen Platz nehmen. Die dekorative Malerei war rot und blau auf gelbem Grund. Das Gesims zwischen Kuppel und Wand trug Stuckreliefs, die Eroten beim Wagenrennen zeigten. Die allgemeine Bauweise lässt vermuten, dass dieser Raum - gleich jenem in den Stabianer Thermen - ursprünglich kein frigidarium, sondern ein laconicum (Heissluftbad) war.

Auch das tepidarium (Warmbad) konnte direkt von der Umkleidekabine aus betreten werden. Wie bei dieser handelte es sich auch hier um einen länglichen Raum mit Tonnengewölbe und reicher Stuckdekoration. Interessanterweise musste das Warmbad mit Kohlebecken beheizt werden, was bereits Ende des 1.Jh.v.Chr. als altmodisch galt. Vermutlich stand dies in Zusammenhang mit Beschädigungen an der Heizungsanlage beim Erdbeben von 62 n.Chr. Das grosse Kohlebecken samt dreier Sitzbänke aus Bronze waren von Marcus Nigidius Vaccula gestiftet worden, der auch in den Stabianer Thermen eines gestiftet hatte. Das Kohlebecken trug in Anspielung an den Namen des Stifters eine vacca (Kuh).

Panoramablick in das frigidarium der Forumsthermen
e ludo computatrali "Pompei"

Die ursprüngliche Dekoration scheint kurz nach 80 v.Chr. entstanden zu sein. Sie umfasste mehrere Wandnischen (wohl für die vorübergehende Platzierung von Salböl), die später zugemauert worden waren. Als Seitenschmuck dienten ihnen teils nackte, teils mit Tierfellen bekleidete mythologische Helden, die trotz ihrer Entstehung Ende des 1.Jh.v.Chr. noch ganz dem hellenistischen Stil des Jahrhunderts zuvor anhängen.

Über den Nischen fand sich ein weisser rankengeschmückter Fries aus Stuck. Das Gewölbe trug eine reiche Dekoration aus geometrischen Feldern in blau, violett und weiss. All diese Verzierungen wurden im Rahmen der Restaurierungen nach dem grossen Erdbeben von 62 n.Chr. zurück. Wie im apodyterium liess man auch hier Licht mittels einer von trübem Glas samt Bronzerand bedeckten Öffnung an der Südwand einfallen.

Vom Warmbad gelangte man in das caldarium (Heissbad), welches mittels tegulae mammatae (Warzenziegel) indirekt beheizt worden war. Die Wände waren goldgelb gestaltet und besassen eine Gliederung mittels porphyrroten Pilastern samt gleichfarbigem Gesims. Im Gegensatz zu den anderen Tonnengewölben präsentierte sich jenes des Heissbades schlichter mit weisser streifenförmiger Stuckdekoration.

Die Südseite des Raumes wurde durch eine Apsis begrenzt, in der sich das marmorne labrum (Becken) befand. Es wurde für kalte Waschungen benutzt und stand auf einem Sockel aus Vesuvlava, der einst mit Marmorplatten verkleidet gewesen sein musste. Hier fand man auch eine Inschrift: Cn. Melissaeo Cn. f. Apro, M. Staio M. f. Rufo II vir(is) iter(um) i(ure) d(icundo) labrum es d(ecreto) d(ecurionum) es p(ecunia) p(ublica) f(aciendum) c(oerarunt). Constat HS DCCL (Gnaeus Melissaeus Aper, Sohn des Gnaeus, und Marcus Staius Rufus, Sohn des Marcus, liessen, als sie zum zweiten Mal Bürgermeister mit Gerichtsbarkeit waren, das Becken auf Beschluss des Stadtrates mit öffentlichen Geldern herstellen. Es kostete 750 Sesterzen.) Aufgrund dieser Inschrift konnte die Errichtung des Beckens auf 4/3 n.Chr. datiert werden. Beide Politiker dürften alten eingesessenen Familien angehört haben. In dieser Zeit waren nicht nur die Forums- sondern auch die Stabianer Thermen modernisiert worden.

Am Südende des Raumes fand sich der alveus (Heisswasserbecken) mit einem Fassungsvermögen von bis zu zehn Personen. Um in ihn hineinzusteigen, musste man allerdings zwei Stufen überwinden. Infolge der Bauweise, wird jedoch mancher bloss im Raum verblieben sein, den man beinahe schon als sudatorium (Sauna) bezeichnen könnte.

links: Das Becken des Kaltbades in den Forumsthermen
rechts: Blick vom alveus quer durch das caldarium hin zum labrum in den Forumsthermen
ambae imagines e ludo computatrali "Pompei"

Die Frauentherme war kleiner konzipiert als die Männertherme. So gab es keinen Innenhof, den man für Konversation nutzen konnte - man gelangte vom Eingang an der Via delle Terme direkt in das apodyterium der Frauen. In dem etwas spitz zulaufenden Raum fanden sich ausser den Mauerbänken keine Wandnischen, sodass wohl auch hier hölzerne Schränke gestanden waren. Das klein gehaltene und in den Fussboden eingelassene frigidarium erreichte man direkt über ein paar Stufen. Durch die Tür an der Südwand konnte man das tepidarium - ebenfalls ein unregelmässiger Raum - betreten, ehe man in das caldarium gelangte. Der alveus stand hier in einer Nische rechts vom Eingang; das labrum in einer Nische an der Nordseite.

Die drei praefurnia (Befeuerungsanlagen) lagen an der Nordseite hinter dem Warmbad der Männertherme. Sie bestanden aus mehreren Kesseln für heisses Wasser und heisse Luft. Mittels Röhren leiteten sie die Wärme in die beiden Thermenanlagen. Südlich hiervon fand sich noch ein alter Brunnenschacht, der in voraugusteischer Zeit dazu benutzt wurde die Thermen mit Wasser zu versorgen. Technisch ergänzt wurde der Brunnen mit Schöpfrad und Sammelbecken.

Hinter der Heizungsanlage befand sich ein kleiner Hof über den man auf den Vicolo delle Terme gelangen konnte. Über einige kleine Treppen stieg man auch auf das Dach des Männerheissbades, von wo aus man einen guten Ausblick über die Stadt hatte. Vor den Treppen hatte man eine Säule platziert, deren Trommeln sich aus opus reticulatum (Netzmauerwerk) und opus latericium (Ziegelmauerwerk) abwechseln. In die Zeit nach 62 n.Chr. datiert, geht man davon aus, dass sie einst eine Sonnenuhr getragen hat.

79 n.Chr. waren es die Forumsthermen, die den alleinigen Badebetrieb bewältigen mussten, denn alle anderen Anlagen standen infolge der Restaurierungsarbeiten still. Vermutlich wegen nicht allzu grosser Beschädigungen hatte man sich dazu entschlossen diese Thermen als erstes wieder in Betrieb zu nehmen. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Stabianer Thermen erst durch eine neue vergrösserte Wasserleitung versorgt werden mussten.

Bislang hat man vier Bauphasen ermittelt. Denen zufolge bestand an diesem Platz ursprünglich eine Palästra, die bei der Gründung der sullanischen Kolonie einem laconicum (Heissluftbad) samt destrictorium (Raum, in dem man sich nach dem Sport Öl und Schmutz von der Haut schabte) weichen musste. Eine Inschrift nennt vermutlich den Auftraggeber des gesamten Thermenbaus: L. Caesius C. f. d(uo) v(ir) i(ure) d(icundo), C. Occius M. f., L. Niraemius a. f. II v(iri) d(e) d(ecurionum) s(ententia) ex peq(unia) publ(ica) fac(iundum) curar(unt) prob(arunt) q(ue). (Lucius Caesius, Sohn des Gaius, Bürgermeister mit Gerichtsbarkeit, Gaius Occius, Sohn des Marcus, und Lucius Niraemius, Sohn des Aulus, beide Bürgermeister mit Gerichtsbarkeit, liessen nach dem Willen des Stadtrates erbauen und nahmen den Bau ab.) Bei den drei Politikern dürfte es sich um Personen handeln, die erst nach 80 v.Chr. als römische Siedler nach Pompeji kamen. Die beiden letzteren waren bei Auftragserteilung wohl nur Ädilen, die erst später bei Bauabnahme duumviri (Bürgermeister) gewesen waren.

Als nach dem Bau der augusteischen Wasserleitungen ein Anschluss an das Wassernetz erfolgte, baute man das laconicum der Männertherme zu einem frigidarium um. Auch die caldaria beider Anlagen wurden erweitert und die Anbauten nun durch die praefurnia besonders beheizt, was ihnen eine Mittelstellung zwischen caldarium und sudatorium zuweist. Aufgrund der Inschrift am labrum der Männertherme wird diese Bauphase in die Jahre 4/3 n.Chr. datiert.

Die Sarnothermen

Die Sarnothermen befanden sich in der regio VIII von Pompeji südlich des Forums an der Via delle Scuole. Über eine Treppe gelangte man vom Eingang No. 17 durch eine Gruppe von Häusern auf drei Terrassen und ganzen fünf Stockwerken zu den eigentlichen Thermen. Ursprünglich standen hier zwei Atriumhäuser, die deutlich erweitert und mit einem gemeinsamen Bad im vorletzten Kellergeschoss versehen worden waren.

Der Umbau wird in die frühe Regentschaft des Claudius datiert. Rechts fanden sich das praefurnium (Heizung), das caldarium (Heissbad) mit einer Nische sowie das tepidarium (Warmbad); links das frigidarium (Kaltbad) mit einem grossen Becken. Letzteres war an den Wänden mit Darstellungen einer Nillandschaft und Pygmäen dekoriert. Die gewölbte Decke hatte man mittels von Stuckrahmen gegliederte Bildfelder verziert. Neben den Badeanlagen standen den Besuchern noch sieben weitere Räume zur Verfügung, die zur Massage verwendet wurden. Alles in allem wird diese Therme weiblichem Publikum zugerechnet.

Die Männer besassen eine eigene Anlage in diesem Bezirk, die etwas reicher ausgestattet war. Man erreichte sie über den Eingang No. 23 der Via delle Scuole etwas weiter im Südosten. Anstatt der Massageräume verfügte diese Männertherme über eine kleine Palästra für Sportübungen.

Das Heisswasserbecken mit Stufen im caldarium der Forumsthermen; rechts die Tür zum tepidarium
 
e ludo computatrali "Pompei"


Quellen: Coarelli, La Roca, De Vos "Pompeji", J.-A.Dickmann "Pompeji", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", N.Harris & P.Dennis "Feuerregen auf Pompeji", "Der kleine Pauly" sowie das Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

 

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(PL)