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Wohnhäuser der 5. Region in Pompeji

Domus Lucii Caecilii Iucundi (dt. Haus des Lucius Caecilius Iucundus)

Das an der Via Stabiana gelegene Haus gehörte dem argentarius (Bankier) Lucius Caecilius Iucundus. Ein interessanter Portraitabguss findet sich links vom tablinum (Galeriegang). Dieses Portrait, das entweder seinen Vater oder den Onkel des Bankiers zeigt, war von dessen Freigelassenen Felix gestiftet worden war.

Das Lararium im Atrium zeigte ein mittlerweile abgenommenes Relief mit der Nordseite des Forums. Linkerhand eine Erdbebenszene von 62 n.Chr. und auf der rechten Seite eine zugehörige lustratio (Reinigungsopfer). Über dem Lararium befand sich bis zu einem Diebstahl noch ein weiteres Relief. Es präsentierte aus der Vogelperspektive heraus links das noch intakte castellum aquae (Wasserschloss) sowie rechts die gerade einstürzende Porta Vesuvio. Ganz rechts aussen fand sich noch die Darstellung eines Eselkarrens und eines Mauerstücks.

Der herausragendste Raum des Hauses ist das Tablinum mit dem besten Beispiel des späten Dritten Stils in Pompeji. Die Mauern präsentieren sich mit überladenen Formen und Ornamenten barocker Fülle. Die wie Wandteppiche wirkenden Seitenfelder waren ganz in Zinnoberrot ausgebracht, was sich nur betuchte Hausbesitzer leisten konnten. Auch waren die Arbeiten nach den überlieferten Vorschriften des Vitruvius in einer hauchdünnen Schicht über gelbem Untergrund ausgeführt. Durch das Verblassen des Zinnobers ist dieser nun deutlich erkennbar.

Über der linken exedra (Sitznische) des Peristyls befand sich ein Archivraum in dem die Ausgräber 154 Wachstäfelchen fanden. Dabei handelte es sich um Rechnungsbelege der Jahre 52 bis 62 n.Chr. über die im Auftrag seiner Klienten eingehobenen Geldbeträge, allen voran für den Verkauf von Immobilien, Sklaven und Vieh sowie Mieteinnahmen. Als angesehener Bankier zog er ausserdem die lokalen Steuern ein. Die aus den Belegen rekonstruierten Zahlen zeigen, dass damals mittelgrosse Geschäfte getätigt worden waren. Die durchschnittliche Summe über alle Quittungen beträgt 8502 Sesterzen. Die davon zu entrichtende Maklergebühr fiel für damalige Verhältnisse mit ein bis vier Prozent überraschend niedrig aus.

Domus epigrammatum (ital. Casa degli Epigrammi; dt. Haus der Epigramme)

Das an der Via Stabiana gelegene Haus besass auch einen doppelten Eingang an einer Parallelstrasse zur Via Nolana und wurde nach hier gefundenen griechischen Texten unterhalb idyllischer Szenen von sakraler Bedeutung benannt. Sie waren einst gut sichtbar im linken Raum am Peristyl angebracht und konnten als wichtigstes Beispiel für die zweite Phase des Zweiten Dekorationsstils angesehen werden. Leider wurden sie 1943 im Zuge amerikanischer Bombardierung sehr schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Bilder präsentierten an der linken Wand Aphrodite wie sie einem Ringkampf von Eros und Pan zusieht. Die Rückwand zeigte mehrere Fischer, wie sie einerseits ihre Netze dem Gott Pan weihen, dem Homer huldigen und ein Ziegenopfer darbringen. Auf der rechten Wand gab es noch die Darstellung einer goldenen Dionysosstatue mit betenden Gläubigen davor.

Domus nuptiarum argentearum (ital. Casa delle Nozze d'Argento; dt. Haus der silbernen Hochzeit)

Das an einer kurzen Querstrasse zur Via Stabiana gelegene Haus liegt abseits der üblichen Orte für prächtige Gebäude. Es wurde 1893 zu Ehren der silbernen Hochzeit des italienischen Königspaares ausgegraben und entsprechend benannt. Der üblichen Vorgehensweise hätte man den Namen des letzten Besitzers wählen müssen: Lucius Albuicus Celsus. Dieser entstammte einer alten wohlhabenden Familie mit langer Tradition weit vor der römischen Epoche. Einigen Wahlaufrufen nach kandierte er zuletzt für das Amt eines Ädilen.

Der Bau konnte in das 2.Jh.v.Chr. - die sogenannte Tuffzeit - datiert werden. Kennzeichnend hierfür sind das grosse rechteckige impluvium (Regenwasserbecken) sowie vier, die Dachkonstruktion stützenden - korinthische Säulen aus Nocerischem Tuffstein. Das zugehörige compluvium (Dachöffnung für das Regenwasser) wurde ähnlich jenem im Haus der Vettier mit Löwenköpfen als Wasserspeier und Palmetten als Antefixe geschmückt.

Auffällig für die 5. Region von Pompeii ist die Grösse des Hauses und die klassische Bauweise, welche auch durch Umbauten nicht verändert wurde und das obwohl man infolge der grossen Raumhöhe ein Obergeschoss einbaute. Die dadurch nötig gewordene Verringerung der Türhöhen wirkte sich positiv auf das Erscheinungsbild des Atriums aus. Zudem musste an der linken Seite eine Treppe installiert werden und die oberen Wände wurden nun mit Feldern im späten Zweiten Stil dekoriert. Davon hat sich nur ein Fragment auf den vermauerten Gang im tablinum (Galeriegang) erhalten, da die Wände im Laufe der Geschichte dreimal restauriert worden waren und die dritte Malerei im Prinzip die vorangegangene nur schwach nachahmte. Die Malereien zeigen nebeneinander liegende schwarze Felder in roter Einfassung über einem Sockel mit Pflanzenmotiven.

Trotz mancher Umbauten blieb der ursprüngliche Fussboden aus opus signinum (Ziegelpulvermörtel) mit seinen regelmässig angeordneten weissen Steinchen erhalten. An der Schmalseite des Impluviums fand man einen marmorverkleideten Sockel, welcher die Wasserleitung enthielt und das kühle Nass vermutlich in das Marmorbecken der Zisterne leitete. Vielleicht befand sich hier auch ein labrum (kleines Wasserbecken).

In dieses gelangte man vom Eingang aus durch einen langen Gang. Wohl um nicht in ein dunkles Loch sehen zu müssen, war ein Vorhang angebracht worden. Der zugehörige Querbalken hat in den Pfeilern Spuren hinterlassen. Einen weitaus grösseren Vorhang scheint es im Atrium selbst gegeben zu haben. Er diente wohl der Dämpfung einfallenden Sonnenlichts durch das Compluvium. Die entsprechenden Befestigungsringe an den roten Sockeln der beiden hinteren Säulen konnten ergraben werden. Zu guter letzt gab es noch einen dritten Vorhang zur Abtrennung von Tablinum und Atrium. Von ihm hat sich ein plattenförmiges, mit einem rostrum (Schiffsschnabel) verziertes Bronzegewicht erhalten, durch das man ihn hochziehen konnte.

Die Sockelmalereien im Tablinum zeigen anmutige Szenen mit Tieren und auf bigae (Zweigespannen) fahrende Eroten. Der links vom Tablinum liegende Gang zeigt in einer Lunette Stillleben mit einer Traube, das rechts befindliche Zimmer Szenen mit Pygmäen im Sockelbereich.

Vom Tablinum aus ist bereits das Peristyl mit seinem fast quadratischen Garten einsehbar. Die architektonische Ausgestaltung mitsamt der Portiken entspricht den Vorschriften des Vitruvius für rhodische Peristyle, sodass die Sonnenseite höher liegt und auch bei jahreszeitlich bedingtem niedrigen Sonnenstand eine freundliche Atmosphäre geschaffen wurde. Auch der Schmuck passt sich diesem Umstand an. Der Portikus ist breiter und anstelle der dominierenden achteckigen Säulen waren dorische gewählt worden. Selbst die Farben der Wand sind in ihrer Dekorationswirkung heller ausgebracht. Besonders hervorzuheben ist die Stuckverkleidung des Gebälks an den Aussenseiten der Portiken. Sie zeigen winzige Tiere, die sich unruhig hin und her bewegen.

Gleich rechts lag einst eine grössere Küche sowie die Toiletteanlage, welche sogar über einen Wasserhahn verfügte und dekorativ ausgestaltet war. Hinter der Kochstelle folgte noch ein kleiner quadratischer Garten, in dem Fayencestatuetten aus Ägypten gefunden wurden. Sie zeigen zwei Krokodile, einen Frosch sowie eine Kröte). Erhalten hat sich über dem Abflusskanal auch ein Wasserhahn mit kreuzförmiger Dichtung. Er diente zur Bewässerung des Gartens.

Der erste Raum rechts am Peristyl führt in die Badeanlage des Hauses. Man betritt das apodyterium (Umkleideraum) über eine Schwelle aus schwarz-weissem Mosaik, da sich darunter die Wasserleitung befindet. Daneben und mit eine Tür verbunden befindet sich das tepidarium (Laubad). Weiters folgt das caldarium (Warmbad) mit dem labrum (Wasserbecken). Darüber in der Apsis findet sich die Malerei einer Muschel. Um das Bad zu erwärmen verfügte die Anlage über doppelte Wände mit tegulae mammatae (Warzenziegel) und einen Hypokaustenfussboden. Im anschliessenden Garten konnte man sich in einem kleinen offenen Schwimmbecken abkühlen.

An der Rückseite des Peristyls lagen zwei cubicula (Schlafzimmer) mit einer Exedra dazwischen. Diese wurde mit Malereien ausgestattet, die typisch für den Zweiten Stil sind; allen voran Blatt- und Obstgirlanden zwischen Pfeilern imaginärer Architektur. An der Rückwand der Nische hatten sich noch die Söhne des Hauses verewigt, indem sie ihren Lehrer Helenus mit obszönen Beschimpfungen bedachten, der sie mit zahllosen Ohrfeigen traktiert hatte.

Konsequenterweise wurden auch die beiden Schlafzimmer im Zweiten Stil gestaltet. Jedes verfügt über einen Akloven, die durch Gliederung von Wänden, Gewölbe sowie des Mosaikbodens hervorgehoben sind. Eine hochwertige Mosaikarbeit in Gestalt bläulicher Weinblätter findet sich an der Schwelle des linken Schlafzimmers. In beiden Räumen sind weiters die Schwellen zur Bettnische mit Efeu verziert.

Als gehobene Immobilie verfügt das Haus über zwei Triklinien sowie einen oecus tetrastylus (Viersäulensaal) mit hellenistischen Einflüssen. Der Saal verfügt über vier achteckige Säulen, deren Malereien roten Porphyr nachahmen. Der Mosaikfussboden präsentiert dem Betrachter aneinander stossende Kreise. Ein ebenfalls ausgezeichnetes Mosaik mit Rauten und Mäandern liegt noch im letzten Raum des Peristyls gleich neben dem Tablinum. Als der Vesuv ausbrach, waren die Restaurierungsarbeiten in diesem Zimmer noch nicht abgeschlossen, da es hier nur groben Verputz gab.

Als besonderer Luxus kann der durch eine Mauer umfasste grosse Garten des Hauses angesehen werden, welcher sich im hintersten Teil der Anlage befindet. In der Mitte liegt ein Wasserbecken samt Sommertriklinium mit gemauerten Bänken samt Tisch. Die Umfassungsmauer war durchgehend mit Fresken geschmückt, die leider mittlerweile nicht mehr sichtbar sind. Nur die gewundenen Schlangen seitlich des Altars, der sich in einer kleinen Kammer in der Ecke zur Strasse hin befand, haben sich erhalten. Zu guter ist noch ein Graffiti an der Westmauer über das Urteil eines Gastes erwähnenswert: Albuci, bene nos accipis. (Du bewirtest uns gut, Albucius).

Domus tauri (ital. Casa del Toro; dt. Haus des Stiers)

Das an der Via Nolana gelegene Haus wurde nach einer im Atrium gefundenen Bronzefigur eines Stieres benannt. Die Fassade ist aus Noceratuff erbaut worden und der rechte Pfeiler am Portal war ursprünglich mit einem figurativen Kapitell geschmückt. Es zeigte über einem Akanthuskranz die Büste einer Bacchantin sowie den jungen Hercules zwischen Schlangen.

Das tuskische Atrium zeigt beim impluvium (Regenwasserbecken) Restaurierungsspuren, indem man es mit Marmor verkleidet hatte. Am dem hohen Sockel hinter dem Becken fand sich der namensgebende Stier, welcher mittlerweile durch einen Kopie ersetzt wurde. Die Malereien im Zweiten Stil präsentierten ursprünglich Masken und Pygmäen. Leider hat nichts davon die Zeit seit der Ausgrabung überdauert.

Über ein breites tablinum (Galeriegang) gelangt man in das nahezu rechteckige Peristyl des Hauses. Dessen Rückwand wurde eine besondere Umgestaltung zuteil, indem es als Nymphaeum ausgebracht wurde. In drei mittels Ziegeln gemauerte Nischen floss Wasser über einige kleine Stufen. Leider haben sich keine Hinweise auf den letzten Bewohner dieses mit interessanter Kleinarchitektur ausgestatteten Hauses gefunden.

Domus reginae Margarita (ital. Casa della Regina Margherita; dt. Haus der Königin Margherita)

Das an der Via Nolana gelegene Haus zeichnet sich durch besonders schöne Wandmalereien im Viertel Stil in den beiden Räumen hinter dem Atrium aus. Das linke Zimmer zeigt Iuppiter und Danae mit dem Goldregen, das rechte Narziss zwischen Nymphen und Eroten.

Domus Marci Lucretii Frontonis (dt. Haus des Marcus Lucretius Fronto)

Das zwischen der dritten und vierten Parallelstrasse nordöstlich zur Via Stabiana gelegene Haus wurde im Jahre 1900 ausgegraben nach dem vermutlichen Besitzer benannt. Für einen reichen Haushalt ist es mit gut 460 m² eher klein gehalten, doch zeichnet es sich vor allem durch seine reiche Innendekoration im späten Dritten Stil aus, die den Vergleich mit Rom selbst nicht zu scheuen braucht. Zur Zeit der Vesuvkatastrophe war es offensichtlich nicht bewohnt, da sich kaum Reste von Einrichtungsgegenständen geschweige denn Accessoires fanden. Die Räumlichkeiten beim Garten scheinen gerade einer Restaurierung unterzogen worden zu sein, wie die unter einer Treppe gefundene Amphore mit Kalk nahe legt.

Die Zuordnung des Gebäudes an Marcus Lucretius Fronto erfolgte aufgrund mehrere Wahlaufrufe in der gleichen Strasse. Sie bezeichnen das Mitglied einer bekannten Familie, welche sich zur Zeit des Kaisers Augustus in Pompeji niederliess, als vir fortis et ho(nestus) (tapferer und ehrenwerter Mann). Er kandidierte für das Ädilenamt und dürfte zuvor bereits duumvir (Mitglied des Zweimannkollegiums mit Gerichtsbarkeit) bzw. duumvir quinquennalis (Mitglied des vorigen Zweimannkollegiums, das alle fünf Jahre die Stadtratslisten ergänzte) gewesen sein. Schliesslich gibt es noch ein Graffiti mit seinem Namen im Hause selbst.

Der Boden in den fauces (enger Eingang) steigt zum Atrium hin an und ist mit einem Loch versehen, in dem ursprünglich ein schrägstehender Balken stand, welcher dem grossen Türriegel verstärkte. Das tuskische Atrium war ursprünglich vollkommen in vornehmem Schwarz gehalten. Der Fussboden besteht aus zerstossener Lava mit Marmorstückchen darin und auch die Wände glänzen in schwarzer Farbe mit gelben Arabesken und Streifen. Die Dekorationsfelder zeigen in unüblichem Grün kleine Jagdszenen. Hervorstechend ist die Darstellung eines langen Rohres mit Schnecke und einem winzigen Panther. Die roten Sockel wurden bei einer späteren Restaurierung der Wände hinzugefügt.

Das impluvium (Regenwasserbecken) wurde irgendwann in Marmor erneuert und besitzt einen schwarz-weissen Mosaikrand aus Flechtwerk. Um zu verhindern, dass vom Becken aus Sinkstoffe in die Zisterne geschwemmt werden ist das Ausgussloch etwas erhöht ausgebracht worden. Diese Ablagerungen konnte man mittels Extrawasser durch ein Loch über den Eingang auf die Strasse wegschwemmen.

Gleich hinter dem Becken stand ein marmorner cartibulum (länglicher schwerer Atriumstisch) mit in Löwenpranken auslaufenden Beinen und einer langgestreckten Lyra als Musterung. Bei der Ausgrabung stellte man fest, dass der obere Teil der Wände samt dem compluvium (Dachöffnung für das Regenwasser) unter dem Druck der vom Vesuv ausgeworfenen Steine eingestürzt war. Das Vorhandensein aller Bauteile liess erstmalig für Pompeii eine gesicherte Restaurierung mit Originalteilen zu.

Gleich links neben dem Eingang befindet sich das mit Gewölbe versehene Zimmer des ostiarius (Pförtner). Die Ausstattung ist zwar mit günstigeren Materialien gestaltet worden, doch präsentieren sich die auf weissem Grund gehaltenen Jagdszenen und Verzierungen ebenso anmutig wie die Luxusausführung. Die Verwendung weisser Farbe dürfte wegen der Fensterlosigkeit des Raumes erfolgt sein. Daneben gibt es noch einen schmalen Lagerraum. Wie eine entsprechende Nische nahe legt, verfügte der Pförtner über einen Wachhund.

Ebenfalls vom Atrium aus zu betreten ist das Wintertriklinium, wo immer noch die Vertiefungen für die Speisesofas erkennbar sind. Die Wandmalereien waren im Viertel Stil mit goldgelber Farbe erneuert worden. Zu sehen sind textile Ränder mit vereinfachten Blumenmotiven und den üblichen anmutigen Mittelbildern. In der Mitte der westlichen Wand sieht man vor einem italischen Tempel Neoptolemos, wie er auf dem Apolloaltar zu Delphi getötet wurde. Die literarische Vorgabe hierfür entstammt der Andromache des Euripides und zeigt auch die Vorliebe der Bewohner für das griechische Theater. Weiters zu sehen ist in den Seitenfeldern ein Liebestriumph mit Eroten, Lanzen und Trophäen. Die gegenüberliegende Wand nimmt dieses Motiv nochmals auf mit Mars und Venus als Liebespaar.

Der gleich daneben liegende Raum ist von der schwarzen Grundausstattung ähnlich dem Atrium, jedoch von der Ornamentik viel feiner sowohl im Dritten als auch Vierten Stil gehalten. Einzelne Ornamente erinnern an Goldschmiede- und Elfenbeinschnitzarbeiten. Gemalte Ädikulen werden von leichten Säulchen getragen. Kandelaber werden von Masken getragen und sind von Sphingen bekrönt. Der untere Bereich präsentiert Stillleben mit Satyrmasken und Vögeln; aber auch Genremalerei ist vertreten mit von Reihern bedrohten Fröschen. Unter dem Mittelfeld ist noch ein hortus conclusus (umhegter Garten) dargestellt.

Das Mittelbild der rechten Mauer ist dem Motiv von Theseus und Ariadne gewidmet. Er - nackt und mit Keule - erhält gerade von ihr - bekleidet mit einem grün-violetten Kleid unter durchsichtigem Mantel - den Faden für das Labyrinth, welches als rechteckige Türöffnung im Hintergrund erahnt werden kann.

Die gegenüber liegende Mauer ist der Göttin Venus zugeteilt, welche bekanntlich für die Liebe zwischen Theseus und Ariadne die Verantwortung trägt. Die halbnackte Gestalt lässt sich von zwei Dienerinnen gerade ihre Frisur zurecht machen während sie ihr Antlitz in einem von Psyche gehaltenen Spiegel betrachtet. Würde es nicht die leider sehr schlecht erhaltene Schlachtenszene des pugna Troiana (Trojanischer Krieg) über dem Eingang geben, könnte man den Raum getrost als Schlafzimmer der Dame des Hauses annehmen. So ist die Sache nicht entscheidbar.

Das folgende Schlafzimmer wurde nach dem grossen Erdbeben von 62 n.Chr. restauriert und zwar mit dem selben Goldgelb, wie es im Wintertriklinium zu finden ist. Ebenso gibt es hier Eroten links und rechts der Mittelbilder. Links findet sich Narziss - ein in Pompeii mit über 40 Bildern sehr häufiges Motiv. Rechts sieht man Pero, wie sie ihren Vater stillt um ihn vor dem Verhungern im Gefängnis zu bewahren. In der oberen linken Ecke findet sich ein dazu passender Distichon: Tristis inest cum pietate pudor. (Im Elend ringt die Scham mit dem Mitleid.) Die Mittelädikula wurde nicht wie üblich mit Säulen, sondern mit gedrehten Kandelabern gemalt, was ein spezielles Motiv des Viertel Stils darstellt. Da die Medaillons links von der Tür einen Knaben in merkurischem Gewand und rechts ein Mädchen zeigen, geht man davon aus, dass sich hier das Schlafzimmer der Kinder befand. Möglicherweise stellen die beiden Figuren mehr oder minder reale Portraits dar. Zusätzliches Licht bekam der Raum durch ein Fenster zum viridarium (Garten) sowie eine darüber befindliche runde Öffnung, welche ursprünglich verglast war.

Das tablinum (Galeriegang) ist durch cremefarbige antepagmenta (Türpfosten) deutlich hervorgehoben und der aufgebrachte Stuck imitiert Holz ohne solches zu beinhalten. Auf 165 cm Höhe befindet sich ein Loch zur Befestigung einer Querstange für den Vorhang. Tatsächlich hölzern waren die anderen Türpfosten im Atrium und deswegen fand man auch nur mehr die entsprechenden Löcher im Boden.

Der am schlechtesten erhaltene Teil des Hauses ist der Fussboden, was einen ziemlichen Kontrast zu den exzellenten Malereien im Dritten Stil darstellt, welche mittels moderner Methoden aus Benzin und Wachs für die Nachwelt konserviert werden.

Der Sockel zeigt das Gitter eines der Leitmotive des Dritten Stils - eines hortus conclusus (umhegter Garten) - mit zurückspringender Exedra. In dieser stehen zwischen Bänken ein Brunnen und ein kantharos (Trinkgefäss mit zwei Henkeln). Auf einer Balustrade wuchern Pflanzen und drängen sich Vögel en masse.

Im unteren Bereich wiederholen sich mit Lyren und Schwänen die Attribute des Apollo (vgl. das Cartibulum) sowie des Dionysos mit Amphoren und Panthern und das alles unter einem aus schmalen Girlanden geformten kleinen Bogen.

Die rechte Wand ist dem Triumph des Bacchus gewidmet, wie er mit Ariadne auf einem von Stieren gezogenen Wagen liegt. Begleitet wird das Paar von einem eselreitenden Silen, einem flötenspielenden Satyr sowie zwei tanzenden Mänaden. Die Szene wird umrahmt von einer Ädikula aus schlanken Ziersäulen und einem hervorleuchtenden Architrav mit herzförmigen Dekorationen.

Die linke Wand widmet sich erneut dem Motiv des Mars mit Venus. Verfestigt wird die Liebesszene durch die Darstellung eines Eros. Die gemalten architektonischen Elemente sind hier etwas kurios geführt indem eine säulenbewehrte Exedra hinter einer Ädikula erscheint. Die Seitenfelder bestechen durch phantastische Kandelaber. Einige ruhen auf zwei stilisierten Vögeln darüber gekreuzte Füllhörner und als Abschluss Pinienzapfen. Andere wieder wurden aus Metallschalen und anderen Gefässen zusammengemalt, wobei der Unterteil aus einem Dreifuss besteht und die Leuchter in Springbrünnchen enden. Alles in allem dienten sie als Staffelei für Bilder mit für den Dritten Stil genretypischen Villen am Meer.

Über den Bildern verläuft ein kleiner Fries mit Arabesken. Muscheln und Lyren umschliessen eine Maske zwischen bunter Ornamentik mit einem Weihrauchgefäss in der Mitte. Wie von einem Vorhang hängen abwechselnd Efeu und Eicheln fransenhaft herab. Tatsächlich ist der darauf folgende Teil der Wand wie ein aufgehängter Teppich gestaltet. Darüber folgt ein Fries mit Blumen und bärtigen Theatermasken mit wulstigen Lippen.

Der obere Bereich besteht aus einer komplexen frons scenae (Bühnenfassade), deren Mittelteil nochmals strukturiert ist. Sie steht über einem Podium ähnlich einem Kryptoportikus. Unter dem mittleren Teil ist ein Bild mit Stillleben zu sehen, das ein xenion (Gastgeschenk) mit Fischen und einem Korb darstellt. Für die Zeit des Dritten Stils ist die Darstellung äusserst rar, während sie in der folgenden Stilphase ständig repetiert wird. Das etwas ungelenk platzierte Bild scheint aber bewusst so gewollt worden zu sein, da es keine Spuren einer späteren Einfügung gibt.

Über dem Stillleben findet sich noch ein in Silber gehaltener delphischer Tisch in einem angedeuteten Atrium, einem Regenfang und zwei Seitenfenstern. Jeweils daneben sitzen Greife auf dem Architrav einer Tür. Auch sie weisen auf Apoll hin. Als Bühnenteil folgt ein Abschnitt mit Kassettendecke und angrenzendem Balkon, welcher von Säulenreihen eingeschlossen wird inklusive einer ithypahllischen Herme mit bekränztem Phallos. Vom Gebälk zwischen mittleren und seitlichen Bühnenbauten hängt ein Tamburin herab. Mitsamt der darüber befindlichen komischen Masken samt Kästchen deutet dies auf Dionysos.

Neben dem Tablinum gibt es einen Parallelgang, in den auch dieses mündet. Von hier aus gelangt man in einen kleinen nahezu quadratischen Garten, in einen Nebenraum, sowie zum xystus (gedeckter Säulengang), aber auch in die Versorgungsräumlichkeiten. Eine Tiefengrabung hat ergeben, dass der gedeckte Gang über einem älteren Wohnhaus gebaut wurde, das seinerzeit dem Neubau hatte weichen müssen. Auch fand man hier Keramikreste, welche die Bebauung Pompeiis bereits im 2.Jt.v.Chr. blegen. Sämtliche Malereien in diesem hinteren Teil des Hauses sind im Vierten Stil gehalten.

Der Versorgungstrakt besteht aus einem grossen Vorraum mit anschliessender Küche und Toilette. Dem Vorraum durch den gedeckten Gang gegenüber liegt das Sommertriklinium. Es gliedert sich von der Dekoration her in zwei Teile: im vorderen mit flacher Decke konnten die Bediensteten die Speisen vor dem Servieren an- und herrichten, im hinteren überwölbten war genügend Platz für drei Speisesofas. Die sehr flächig gehaltene Dekoration wird nur im hinteren Teil durch die Darstellung von drei Personen aufgelockert. Links steht der nackte, auf einen die Lyra spielenden Silen gestützte Dionysos, rechts Pyramus und Thisbe. Das dazwischen liegende Mittelbild ist leider sehr beschädigt und nicht rekonstruierbar.

Dem Triklinium folgt eine exedra (hier: Konversationszimmer) mit breiter Öffnung zum grossen Garten hin. Hier befand sich über einer Marmorschwelle einst eine vierteilige Tür. In der Mitte des Fussbodens wurde ein Rechteck aus bunten Marmorsteinchen gebildet. Die Malereien waren zum Zeitpunkt der Verschüttung noch nicht fertig gestellt. An der rechten Wand prangt an der vorgesehenen Stelle des Mittelbildes eine Vertiefung, wo die letzte Stuckschicht vom Bildermaler eingefügt worden. Dies ist ein Beispiel sowohl für Vorgehensweise als auch Arbeitsteilung der antiken Handwerker.

Der nächste Raum mit einem Eingang ganz rechts an der Mauer beherbergte bei der Ausgrabung die Leichen von fünf Erwachsenen und drei Kindern, die mit Sicherheit nicht dem Haushalt zugerechnet werden können. Sie sind über den Hintereingang - der direkt in den Xystus übergeht - zu einem Zeitpunkt in das Haus auf der Suche nach Schutz vor dem Steinregen eingedrungen, als die Besitzer es schon verlassen hatten. Als das Dach nachgab wurden sie durch dieses und eine einstürzende Mauer erschlagen. Links und rechts des Hintereingangs fanden sich noch je ein Lagerraum.

Der grosse Garten - er nimmt etwa ein Viertel der Gesamtfläche ein - wurde mittlerweile überdacht. Ursprünglich standen die Umfassungsmauern dieses auch grch. paradeisos/lat. paradisus genannten Gartens im Freien. Die Malereien zeigen Bären, Löwen und Panther wie sie auf Hirsche, Pferde, Rinder und Stiere Jagd machen. Auch finden sich vor roter Umrahmung weisse Statuen auf Sockeln. Sie zeigen u.a. eine Nymphe und einen tanzenden Satyr. Der obere Bereich wurde mit einem Schachbrettmuster in gelb, grün, rot und weiss überzogen und dürften eine Reminiszenz an den Ersten Stil darstellen.

Blick vom Sommertriklinum
 in den Schankraum
im Thermopolium an
der Via dell'Abbondanza

e ludo computatrali "Pompei"


Quellen: Coarelli, La Roca, De Vos "Pompeji", J.-A.Dickmann "Pompeji", H.Pleticha & O.Schönberger "Die Römer", N.Harris & P.Dennis "Feuerregen auf Pompeji", "Der kleine Pauly" sowie das Computerspiel "Pompei - The Legend of Vesuvius"

 

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(PL)